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3.45 Bildung und Ausweis von Rücklagen

Frage: Welche Rücklagen dürfen in der Vermögensrechnung ausgewiesen werden und welche kameralen Rücklagen können in die Eröffnungsbilanz übergeleitet werden?

Antwort: Kamerale und doppische Rücklagen unterscheiden sich in ihrer Charakteristik und Funktionsweise eklatant voneinander. Bei Verwendung des Rücklagenbegriffs ist daher auf eine strikte Abgrenzung zu achten. Kamerale Rücklagen sollen gemäß § 85 SächsGemO (in der Fassung bis zum 24.11.2007) in Verbindung mit Abschnitt 4 der KomHVO die rechtzeitige Leistung von Ausgaben gewährleisten. Sie erfüllen eine Liquiditätssicherungsfunktion und sind daher in liquiden Mitteln vorzuhalten bzw. müssen rechtzeitig zur Erfüllung ihres Zwecks in liquiden Mitteln zur Verfügung stehen. Bei doppischen Rücklagen handelt es sich hingegen lediglich um einen vom Basiskapital abgegrenzten Teil der Kapitalposition, dem sich nach dem Prinzip der Gesamtdeckung keine einzelnen Vermögenspositionen auf der Aktivseite der Bilanz zuordnen lassen. Die Liquiditätssicherungsfunktion der kameralen Rücklage kann und will die doppische Rücklage nicht erfüllen. Auch eine Mindestrücklage wie sie durch § 20 Abs. 2 Satz 2 KomHVO vorgeschrieben ist, gibt es im doppischen System nicht mehr. Die Kommune ist in der Doppik gemäß § 84 Abs. 1 SächsGemO ganz allgemein verpflichtet, ihre liquiden Mittel so zu planen und zu bewirtschaften, dass die rechtzeitige Leistung der Auszahlungen sichergestellt werden kann.

Aus diesem Verständnis heraus lässt sich erkennen, dass die Werte, die die kameralen Rücklagen repräsentieren, in der Eröffnungsbilanz zumeist in der Position »Liquide Mittel« oder generell im Umlaufvermögen (zum Beispiel als Forderungen) enthalten sein müssen. Eine Überleitung kameraler Rücklagen und somit der Ausweis entsprechender Passivposten in der Bilanz ist nur in bestimmten Fällen zulässig.

Die Grobgliederung doppischer Rücklagen wird durch den sächsischen Kontenrahmen vorgegeben. In den Konten 2021 und 2022 sind die Ergebnisrücklagen – entsprechend § 23 SächsKomHVO-Doppik getrennt nach ordentlichem und Sonderergebnis – auszuweisen. Eine Überleitung kameraler Überschüsse ist nicht zulässig. Die Ergebnisrücklagen werden erst durch Zuführung von Überschüssen der Ergebnisrechnung (§ 85 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO) gebildet und müssen daher in der Eröffnungsbilanz zwingend einen Wert von »0 EUR« aufzeigen. Im Konto 2023 sind Rücklagen aus nicht ertragswirksam aufzulösenden Zuwendungen zu bilden. In dieser Position werden noch nicht zweckgerecht verwendete Kapitalzuschüsse verbucht. Der letzten Rücklagen-Position sind im Konto 2024 zweckgebundene und sonstige Rücklagen zuzuordnen. Sofern die Kommunen innerhalb der kameralen Rücklage Mittel für besondere Investitionen oder die Sondertilgung eines Kredits angesammelt haben, ist deren Überleitung in die Eröffnungsbilanz und Ausweis als zweckgebundene Rücklage freigestellt. Der getrennte Ausweis durch Abgrenzung vom Basiskapital hat hierbei lediglich deklaratorischen Charakter und erhöht die Transparenz der Bilanz. Ergebniseffekte ergeben sich nicht, da die Rücklagen bei zweckgerechter Verwendung der Mittel direkt, das heißt ohne dass die Ergebnisrechnung berührt wird, in das Basiskapital umzubuchen sind. Außerdem ist zu beachten, dass der Ausgleich künftiger Ergebnisfehlbeträge keinen Zweck darstellt, der zur Bildung einer zweckgebundenen oder sonstigen Rücklage berechtigt, da dies einer Umgehung der Vorschriften zum Ausweis von Ergebnisrücklagen in der Eröffnungsbilanz gleichkäme. Obwohl den doppischen Rücklagen keine Liquiditätssicherungsfunktion zukommt, steht den Kommunen die Überleitung von im kameralen System gebildeten Rücklagen bzw. die nicht ergebniswirksame Neubildung entsprechender zweckgebundener oder sonstiger Rücklagen grundsätzlich frei, sofern nicht aus anderen Gründen (zum Beispiel drohende oder tatsächliche Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft) für den entsprechenden Sachverhalt eine Rückstellung oder Verbindlichkeit einzubuchen ist. Von der Verpflichtung zur Angabe von Vorbelastungen künftiger Haushaltsjahre gemäß § 46 SächsKomHVO-Doppik sind die Kommunen aufgrund der Bilanzierung einer zweckgebundenen bzw. sonstigen Rücklage allerdings nicht entbunden, da die Rücklage in der Bilanz keine Verpflichtung, sondern eine Kapitalposition repräsentiert. Auch muss beachtet werden, dass die Bindung liquider Mittel nur durch entsprechenden Haushaltsvermerk außerhalb der Bilanz erzielt werden kann. Weitere Hinweise zur Überleitung kameraler Rücklagen – insbesondere auch zur Überleitung einzelner Sonderrücklagen – enthält Abschnitt V der Arbeitshilfe »Hinweise des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Überleitung der kameralen Haushaltsdaten in das neue kommunale Haushalts- und Rechnungswesen«.

Soweit in der Vergangenheit Kommmunen in Genehmigungsbescheiden (zum Beispiel im Rahmen einer Bürgschaftsübernahme) durch Nebenbestimmungen der Rechtsaufsichtsbehörden zur Bildung von Rücklagen verpflichtet worden sind, ist eine Anpassung an die doppischen Gegebenheiten vorzunehmen. Im doppischen System wird die Liquiditätssicherungsfunktion allein durch die Liquiditätsreserve, gegebenenfalls erweitert um den Betrag an kurzfristigen Forderungen (mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr), wahrgenommen. Bereits erteilte Nebenbestimmungen mit dem Ziel der Liquiditätssicherung sind daher in diesem Sinne auszulegen.

[überarbeitet am 1. Juli 2013]

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